Sieben Rezepte gegen die Wohnungsnot

Die Situation auf dem Wohnungsmarkt spannt sich zunehmend an. Der Anteil leerstehender Wohnungen nimmt rapide ab und die Mietzinse steigen. Das Wohnen wird die Haushaltsbudgets, die durch die Teuerung ohnehin schon belastet sind, künftig noch stärker strapazieren. Die Forderungen nach Massnahmen für mehr preisgünstigen Wohnraum werden lauter. Doch was kann man tun? Sieben Rezepte, um der Wohnungsnot entgegenzuwirken. 

1. Wohnungen besser belegen 

Der Mangel an Wohnraum hängt auch damit zusammen, dass wir immer mehr Platz brauchen. Mittlerweile beanspruchen wir pro Person durchschnittlich 46.6 Quadratmeter Wohnfläche. Wenn wir uns auf weniger Raum beschränken würden, könnten mehr Menschen in den vorhandenen Wohnungen leben. Dass sich die Wohnungsbelegung mit einer entsprechenden Vermietungspraxis steuern lässt, zeigt das Beispiel von Wohnbaugenossenschaften: Für die grosse Mehrheit der Genossenschaftswohnungen gelten Belegungsvorschriften. Mit dem Resultat, dass Genossenschaftsbewohnerinnen und -bewohner durchschnittlich nur 36.5 Quadratmeter Wohnfläche brauchen. 

2. Dichter bauen 

Der Bau von neuen Wohnungen hat negative Umwelteffekte wie hohe CO2-Emissionen und eine zu- nehmende Zersiedelung. Sinnvoller ist es deshalb, die bestehenden Siedlungen zu verdichten – zum Beispiel mit An- oder Aufbauten oder dem Schliessen von Baulücken. Solche Prozesse sind aber anspruchsvoll: Auch bei dichterem Wohnen muss eine hohe Wohn- und Aussenraumqualität gewährleistet sein. Auch Aspekte wie Hitzeminderung oder Lärmschutz müssen berücksichtigt wer- den. Hier braucht es Bauträger, die das Wohl der Bewohnenden und der umgebenden Quartiere hoch gewichten und nicht einfach eine höhere Ausnutzung für mehr Rendite anstreben. 

3. Anreize für preisgünstige Wohnbauprojekte 

Mehr bauen hilft nur bedingt gegen die Wohnungsnot. Denn es braucht nicht einfach mehr Wohnungen, sondern vor allem mehr preisgünstige Wohnungen. Bauträger, die sich verpflichten, preisgünstigen Wohnraum zu schaffen, sollten belohnt werden: Zum Beispiel, indem sie beim Verkauf oder bei der Baurechtsabgabe von Arealen bevorzugt werden oder indem sie Areale besser ausnützen dürfen. Ein erprobtes Kriterium für preisgünstigen Wohnraum ist das Modell der Kostenmiete, das gemeinnützige Bauträger anwenden. Sie verrechnen als Mietzins nur so viel, wie der effektive Auf- wand inklusive Rückstellungen und Abschreibungen umfasst. 

4. Zonen oder Anteile für preisgünstigen Wohnraum 

Viele Gemeinden haben die Möglichkeit, in der Nutzungsplanung einen Anteil preisgünstiger oder gemeinnütziger Wohnungen vorzuschreiben. Die Stadt Zug etwa hat eine Zone für preisgünstigen Wohnungsbau definiert, die Stadt Bern schreibt bei Ein- um Umzonungen ein Drittel preisgünstige Wohnungen vor. Eine andere Möglichkeit ist es, einen Anteil an preisgünstigen Wohnungen am Mietwohnungsmarkt als Ziel vorzuschreiben, wie es zum Beispiel die Stadt Zürich gemacht hat. 

5. Landreserven sinnvoll nutzen 

Es gibt kaum mehr unbebautes Bauland. Nachhaltiger als auf der grünen Wiese zu bauen ist es, im Bestand zu verdichten (siehe Punkt 2). Wenn Gemeinden noch Landreserven haben oder der Bund oder die Kantone Areale nicht mehr benötigen, dann sollten diese möglichst sinnvoll genutzt wer- den. Zum Beispiel für nachhaltige Wohnbauprojekte, die hohe soziale, ökologische und wirtschaftliche Standards erfüllen und für langfristig preisgünstigen Wohnraum sorgen. Mit der Abgabe im Bau- recht geben Gemeinden das Land nicht aus der Hand und können im Baurechtsvertrag Bedingungen festlegen, zum Beispiel für ein bestimmtes Wohnangebot. Das Bundesamt für Wohnungswesen hat letztes Jahr Empfehlungen herausgegeben, wie Baurechtsverträge mit gemeinnützigen Wohnbauträgern ausgestaltet werden können. 

6. Vorkaufsrecht einführen 

Da viele Gemeinden kaum mehr über eigene Landreserven verfügen, sollten sie die Möglichkeit er- halten, für sich ein Vorkaufsrecht einzuführen. Stehen geeignete Areale zum Verkauf, hat die Gemeinde dann Vorrang, diese zu kaufen. 2014, als die Situation auf dem Wohnungsmarkt ebenfalls sehr angespannt war, liess der Bundesrat diese Möglichkeit prüfen. Das Bundesamt für Wohnungswesen und das Bundesamt für Justiz kamen zum Schluss, dass ein Vorkaufsrecht für gemeinnützigen oder preisgünstigen Wohnungsbau durch ein öffentliches Interesse legitimiert wäre und dass dies auch dem Verfassungsauftrag entsprechen würde, den gemeinnützigen Wohnungsbau zu fördern. Dennoch verfolgte der Bund die Idee nicht weiter. Er behielt sich aber vor, darauf zurückzukommen, wenn sich die Situation weiter zuspitzt. Nun wäre der Zeitpunkt, diese wieder aufzugreifen. Im Kanton Zürich ist dies bereits geschehen: Hier wurde eine Volksinitiative lanciert, die den Gemeinden die Einführung eines Vorkaufsrechts ermöglichen will. 

7. Finanzielle Förderung 

Die Mieten steigen weiter und das Wohnen wird die Haushaltsbudgets künftig noch stärker strapazieren. Um diese Entwicklung zu bremsen, muss auch über eine finanzielle Unterstützung nachgedacht werden. Die öffentliche Hand kann zum Beispiel den Wohnraum für einkommensschwache Haushalte gezielt verbilligen. Der Nachteil dieser so genannten Subjektförderung ist: Sie entlastet zwar die betroffenen Haushalte, wirkt aber nicht gegen die Preissteigerung auf dem Wohnungs- markt, sondern feuert diese sogar noch an. Viel nachhaltiger ist es, mit finanziellen Starthilfen preis- günstige Wohnbauprojekte zu fördern. Mit dem Fonds de Roulement zum Beispiel vergibt der Bund bereits heute zinsgünstige Darlehen an gemeinnützige Wohnbauträger. Doch das ist nur ein Tropfen auf dem heissen Stein: Für eine preisdämpfende Wirkung bräuchte es einen viel höheren Anteil an gemeinnützigen Wohnungen. 

(Medienmitteilung von Wohnbaugenossenschaften Schweiz vom 16.02.2023)